Die Inszenierung: Wie Politik und Medien aus der Erzählung Realität machten

Teil 2 zeigt, wie sich die Erzählung über die Marktstraße aus dem Amtsgericht hinaus in Politik und Medien verlagert. Aus einzelnen Stimmen wird ein kollektives Narrativ, das nicht auf Belegen, sondern auf Wiederholung, Emotion und Inszenierung beruht.

Sep 12, 2025 - 12:57
Sep 13, 2025 - 13:36
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Kapitel 5: Landespolitische Bühne
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Kapitel 5: Landespolitische Bühne

Spätestens als das Thema die Flure des Schweriner Schlosses erreicht, hat es die lokale Ebene hinter sich gelassen. Im Landtag Mecklenburg-Vorpommern greift der AfD-Abgeordnete Enrico Schult die Marktstraße auf. Seine Rede basiert nicht auf amtlichen Unterlagen, sondern auf Erzählungen, die längst die Runde machen. Doch im Plenarsaal klingt es anders: Dort erscheinen sie wie geprüfte Tatsachen.

Dies ist der Mechanismus der Legitimation von oben. Wenn ein Landtagsabgeordneter eine Geschichte aufgreift, dann wird sie automatisch aufgewertet. Sie erhält die Aura parlamentarischer Seriosität, unabhängig davon, ob sie belegt ist oder nicht.

Damit tritt der Landtag selbst als Fürsprecher des Narrativs auf. Nicht offiziell, nicht durch Beschluss, aber durch die Wirkung, die eine Rede im Plenum entfaltet. Aus einem Abend in Loitz wird ein landespolitisches Thema, das sich nahtlos in die Rhetorik einer Partei einfügt.

So schließt sich der Kreis: Von der ersten Andeutung in der Bürgersprechstunde über den institutionellen Rahmen, die politische Taktung und die mediale Multiplikation bis hin zur landespolitischen Bühne. Aus einem Vakuum der Beweise ist ein Symbol geworden – eines, das schwerer wiegt als jede Akte.


Inhaltsverzeichnis der Serie


Serie – Direkt springen: Teil 1 · Teil 2 · Teil 3

Teil 1: 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 · 7

Teil 2: 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 · 7 · 8

Teil 3: 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 · 7


Serie »Kognitive Dissonanz im öffentlichen Raum«

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  1. Teil 1 – Vakuum im Kopf: Wie kognitive Dissonanz die Marktstraße erfand
    1. Seite 1/7 — Kapitel 1: Die Szene im Alten Amtsgericht
    2. Seite 2/7 — Kapitel 2: Psychologischer Rahmen – Kognitive Dissonanz im Lernmodus
    3. Seite 3/7 — Kapitel 3: Erste Stimmen – die Geburt des Narrativs
    4. Seite 4/7 — Kapitel 4: Verstärkung durch Wiederholung
    5. Seite 5/7 — Kapitel 5: Die Verschiebung – Vom realen Vorfall zum symbolischen Ort
    6. Seite 6/7 — Kapitel 6: Analyse – Das Problem entsteht im Kopf
    7. Seite 7/7 — Kapitel 7: Schluss – Vom Lernprozess zur Eskalation
  2. Teil 2 – Die Inszenierung: Wie Politik und Medien aus der Erzählung Realität machten
    1. Seite 1/8 — Kapitel 1: Der Weg vom Saal auf die Bühne
    2. Seite 2/8 — Kapitel 2: Offizielle Räume als Fürsprech
    3. Seite 3/8 — Kapitel 3: Politische Aneignung und Taktgebung
    4. Seite 4/8 — Kapitel 4: Medien als Multiplikator
    5. Seite 5/8 — Kapitel 5: Landespolitische Bühne
    6. Seite 6/8 — Kapitel 6: Symbolische Transformation
    7. Seite 7/8 — Kapitel 7: Analyse – Die Macht der Inszenierung
    8. Seite 8/8 — Kapitel 8: Schluss – Vom Symbol zur Dominanz der Wahrnehmung
  3. Teil 3 – Die Entzauberung: Fragen, die zurück zur Wirklichkeit führen
    1. Seite 1/7 — Kapitel 1: Vom Symbol zurück zur Sache
    2. Seite 2/7 — Kapitel 2: Der Fragenkatalog als Instrument
    3. Seite 3/7 — Kapitel 3: Transparenz durch offenen Verteiler
    4. Seite 4/7 — Kapitel 4: Auflösung der kognitiven Dissonanz
    5. Seite 5/7 — Kapitel 5: Die Grenze der Erzählung
    6. Seite 6/7 — Kapitel 6: Analyse – Fragen als Gegengift
    7. Seite 7/7 — Kapitel 7: Schluss – Was bleibt?

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