Die Inszenierung: Wie Politik und Medien aus der Erzählung Realität machten
Teil 2 zeigt, wie sich die Erzählung über die Marktstraße aus dem Amtsgericht hinaus in Politik und Medien verlagert. Aus einzelnen Stimmen wird ein kollektives Narrativ, das nicht auf Belegen, sondern auf Wiederholung, Emotion und Inszenierung beruht.
Kapitel 5: Landespolitische Bühne
Spätestens als das Thema die Flure des Schweriner Schlosses erreicht, hat es die lokale Ebene hinter sich gelassen. Im Landtag Mecklenburg-Vorpommern greift der AfD-Abgeordnete Enrico Schult die Marktstraße auf. Seine Rede basiert nicht auf amtlichen Unterlagen, sondern auf Erzählungen, die längst die Runde machen. Doch im Plenarsaal klingt es anders: Dort erscheinen sie wie geprüfte Tatsachen.
Dies ist der Mechanismus der Legitimation von oben. Wenn ein Landtagsabgeordneter eine Geschichte aufgreift, dann wird sie automatisch aufgewertet. Sie erhält die Aura parlamentarischer Seriosität, unabhängig davon, ob sie belegt ist oder nicht.
Damit tritt der Landtag selbst als Fürsprecher des Narrativs auf. Nicht offiziell, nicht durch Beschluss, aber durch die Wirkung, die eine Rede im Plenum entfaltet. Aus einem Abend in Loitz wird ein landespolitisches Thema, das sich nahtlos in die Rhetorik einer Partei einfügt.
So schließt sich der Kreis: Von der ersten Andeutung in der Bürgersprechstunde über den institutionellen Rahmen, die politische Taktung und die mediale Multiplikation bis hin zur landespolitischen Bühne. Aus einem Vakuum der Beweise ist ein Symbol geworden – eines, das schwerer wiegt als jede Akte.
Kognitive Dissonanz im öffentlichen Raum
Serie – Direkt springen: Teil 1 · Teil 2 · Teil 3
Teil 1: 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · 6 · 7
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