Die Inszenierung: Wie Politik und Medien aus der Erzählung Realität machten
Teil 2 zeigt, wie sich die Erzählung über die Marktstraße aus dem Amtsgericht hinaus in Politik und Medien verlagert. Aus einzelnen Stimmen wird ein kollektives Narrativ, das nicht auf Belegen, sondern auf Wiederholung, Emotion und Inszenierung beruht.

Kapitel 2: Offizielle Räume als Fürsprech
Wenn eine Erzählung den geschlossenen Raum verlässt, braucht sie Resonanz, um weitergetragen zu werden. Sie braucht Orte, die ihr Gewicht verleihen. In Loitz geschieht das durch die Entscheidung der Bürgermeisterin, die Bürgersprechstunden im Alten Amtsgericht stattfinden zu lassen.
Auf den ersten Blick ist das eine formale Geste: Die Stadt stellt Räume zur Verfügung, so wie sie es auch für Vereine oder Kulturinitiativen tut. Doch im politischen Alltag haben solche Entscheidungen eine zweite Ebene. Wer den Schlüssel zum Amtsgericht in der Hand hält, trägt auch das Siegel der Stadt. Und dieses Siegel ist nicht neutral. Es wirkt, ob beabsichtigt oder nicht, wie eine Patenschaft für das Gesagte.
Damit tritt die Bürgermeisterin nicht nur als Gastgeberin auf, sondern auch als eine Art Fürsprecherin. Mehr noch: In der alten juristischen Bedeutung könnte man sagen, sie agiert als Fürsprech – als Advokat des Narrativs. Nicht, weil sie dessen Inhalte ausdrücklich teilt, sondern weil sie ihnen mit der Aura des Offiziellen einen Schutzraum gibt.
Das wirkt nach innen und nach außen zugleich. Für die Anwesenden bedeutet es: „Wenn wir hier im Amtsgericht sprechen, dann muss das Gewicht haben.“ Für die Öffentlichkeit signalisiert es: „Die Stadt selbst nimmt diese Vorwürfe ernst.“
Genau dadurch verschiebt sich die Wahrnehmung. Ein privates Problem zwischen Nachbarn verwandelt sich in ein Anliegen, das nun die ganze Stadt betrifft. Und aus einer Sammlung von Behauptungen wird durch die schiere Tatsache der Raumnutzung ein quasi-amtliches Thema.
So entsteht aus der Neutralität der Verwaltung ungewollt eine Aufwertung: Der institutionelle Rahmen wirkt nicht nur wie ein praktisches Dach, sondern wie ein Advokat, ein Fürsprech des Narrativs.
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