Fachliche Prüfung und Aufsichtspraxis - Zuständigkeiten, Aufsichtspflichten und Konsequenzen
»GEFAHR AUF VERSCHLEISS« Teil 3 zeigt, wie Sicherheitskontrollen im Schülerverkehr versagen: Routine ersetzt Vorschrift, Verantwortung wird weitergereicht. Der Text fordert digitale Prüfstrukturen, klare Zuständigkeiten und echte Konsequenzen für mehr Sicherheit.

Kapitel 2: Normative Grundlagen und Prüfpflichten
Auf dem Papier ist alles eindeutig geregelt. Die Vorschriften sind klar formuliert, sie brauchen keine Interpretation – nur ihre Einhaltung. Doch genau daran fehlt es.
Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (§ 29 StVZO) verlangt von Omnibussen mehr als nur gelegentliche Wartung: Jährlich ist eine Hauptuntersuchung vorgeschrieben, zusätzlich alle sechs Monate eine Sicherheitsprüfung. Diese Fristen sind kein Richtwert, sondern Pflicht. Ein abgelaufenes Siegel bedeutet nicht „aufschieben“, sondern unmissverständlich: Dieser Bus darf nicht mehr fahren. Punkt.
Auch die Fahrzeug-Zulassungsverordnung (§§ 10 und 22 FZV) lässt keinen Raum für Interpretation. Zulassungs- und Prüfplaketten müssen gültig, lesbar und unbeschädigt sein. Ein Riss im Siegel ist kein Schönheitsfehler, sondern ein rechtlich unzulässiger Zustand – ein stiller Beleg für eine Kontrolle, die nicht stattgefunden hat.
Die Betriebspflicht zur Sicherheit ist in der BOKraft (§§ 8 und 31) festgeschrieben. Betreiber sind verpflichtet, Mängel nicht nur zu dokumentieren, sondern unverzüglich zu beheben. Wartungsnachweise müssen jederzeit vorliegen. Die Betriebsbereitschaft eines Fahrzeugs ist keine Schätzung – sie muss belegbar sein. Jeder Fahrgast, ob Kind oder Erwachsener, muss sich darauf verlassen können.
Zudem ist im Personenbeförderungsgesetz (PBefG §§ 9, 10, 25) die Zuverlässigkeit als Grundvoraussetzung für den Betrieb festgelegt. Wer wiederholt gegen Vorschriften verstößt, riskiert nicht nur Auflagen oder Geldbußen, sondern den Entzug seiner Konzession. Denn Sicherheit ist keine Option. Sie ist gesetzliche Bedingung – und das mit gutem Grund.
Und doch: In der Praxis wird über diese Normen hinweggegangen – nicht aus Unkenntnis, sondern aus Bequemlichkeit, aus Nähe, aus Alltagsroutine. Man kennt sich, man hilft sich, man sieht weg. Prüfungen werden geschoben, Plaketten nur noch flüchtig betrachtet. Verantwortung verliert sich im Zwischenmenschlichen – da, wo es um Sympathie geht statt um Vorschrift.
So entsteht eine stille, aber gefährliche Kluft zwischen Norm und Realität. Eine Kluft, in der Regeln verwässern, Kontrollen nachlässig werden und Pflichten zu Empfehlungen verkommen. Dort, wo Kontrolle ausbleibt, verliert das Recht seine Wirkung – und mit ihm das Vertrauen. Was bleibt, ist ein Gefühl wachsender Unsicherheit. Und das Wissen: Man kann sich nicht mehr auf das System verlassen. Sondern nur noch auf den Zufall.
Fachliche Prüfung & Aufsichtspraxis – Zuständigkeiten, Pflichten, Konsequenzen
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