Fachliche Prüfung und Aufsichtspraxis - Zuständigkeiten, Aufsichtspflichten und Konsequenzen
»GEFAHR AUF VERSCHLEISS« Teil 3 zeigt, wie Sicherheitskontrollen im Schülerverkehr versagen: Routine ersetzt Vorschrift, Verantwortung wird weitergereicht. Der Text fordert digitale Prüfstrukturen, klare Zuständigkeiten und echte Konsequenzen für mehr Sicherheit.

Kapitel 8: Fragenkatalog zur Entzauberung der Praxis
Am Ende dieser Serie bleibt vor allem eines: die Pflicht zur Nachfrage. Denn wer Verantwortung einfordert, muss bereit sein, unbequeme Fragen zu stellen – nicht vage, nicht abstrakt, sondern konkret. Und nicht irgendwann, sondern jetzt.
Die erste Adresse sind die Prüforganisationen: TÜV und DEKRA. Wie viele Schulbusse sind in den letzten Jahren eigentlich durch die Hauptuntersuchung gefallen? Welche Mängel treten dabei immer wieder auf – sind es Bremsen, Licht, Türen? Und noch wichtiger: Wie oft werden diese Mängel nach der Beanstandung wirklich nachkontrolliert – oder verschwinden sie einfach im Vertrauen darauf, dass alles schon irgendwie gutgeht?
Auch die Polizei muss Antworten geben. Wie viele Schwerpunktkontrollen im Schülerverkehr gab es im vergangenen Jahr – konkret in Mecklenburg-Vorpommern? Mit welchen Ergebnissen? Und was geschieht mit Fahrzeugen mit festgestellten Mängeln – werden sie konsequent stillgelegt, oder lässt man sie weiterfahren, im Wissen um das Risiko?
Zulassungsstellen, die die Eintragungen führen, stehen vor einer simplen, aber drängenden Frage: Warum bleiben abgelaufene Prüfplaketten unentdeckt, obwohl die Daten im Register längst vorliegen? Versagen hier interne Prüfmechanismen – oder scheitert die Umsetzung an institutionellem Druck, der eine Eskalation scheut?
Selbst der Zoll und die Finanzkontrolle, oft im Hintergrund, spielen eine Rolle. Werden bei Schulbusunternehmen Arbeitszeitnachweise kontrolliert – insbesondere mit Blick auf Überstunden, Ruhezeiten, Fahrtenbuch? Werden steuerliche Auffälligkeiten mit sicherheitsrelevanten Hinweisen abgeglichen – oder bleibt jede Abteilung in ihrem eigenen Zuständigkeitskorridor?
Dann die Unternehmer: Wie wird die tägliche Abfahrtskontrolle dokumentiert? Gibt es ein System für Stichproben, vielleicht sogar unabhängige Überprüfungen – oder verlässt man sich auf das „Wir kennen uns schon“-Prinzip?
Und schließlich die Fahrerinnen und Fahrer selbst – diejenigen, die jeden Morgen starten, oft unter Zeitdruck, oft allein mit der Verantwortung. Wie groß ist der Druck, trotz bekannter Mängel zu fahren, nur um den Fahrplan zu halten? Was passiert, wenn jemand sagt: „Nein, mit diesem Bus fahre ich nicht“? Welche Rückendeckung gibt es – oder gibt es nur die stille Erwartung, durchzuhalten?
Diese Fragen richten sich an unterschiedliche Stellen, aber sie kreisen alle um denselben Punkt: um das Spannungsfeld zwischen Vorschrift und Praxis, zwischen Routine und Verantwortung, zwischen Vertrauen und Kontrolle.
Die letzte Frage bleibt unausgesprochen, und gerade deshalb ist sie die wichtigste. Sie richtet sich an alle Beteiligten – an Behörden, Unternehmen, Fahrer, Eltern, Politik:
Wer hat den Mut, Nein zu sagen – bevor etwas passiert?
Fachliche Prüfung & Aufsichtspraxis – Zuständigkeiten, Pflichten, Konsequenzen
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