Marktstrasse - Maß und Staub - Zyklus in sechs Akten (Monolog)
Ein dokumentarischer Monolog über Sprache, Ordnung und Verantwortung. Basierend auf realen Vorgängen in Loitz. Ein Zyklus in sechs Akten - zwischen Zuschreibung und Beleg, Wiederholung und Widerstand. Nicht Fiktion. Nicht Urteil. Sondern: Strukturiertes zum Sehen.

Akt II: Der Zerfall
Der Vorwurf steht – und wächst.
Mai.
Die Sitzung wird zur Bühne. Das Mikrofon zur Waffe.
Morddrohungen.
Steinwürfe.
Die eigene Bevölkerung „auf der Flucht“.
Kein Protokoll. Kein Beweis.
Nur: Wiederholung.
Der Mann, der spricht, nennt sich Vermittler.
Doch seine Sätze klingen wie Urteil.
Und das Echo hallt:
„Sie wollen sich nicht integrieren.“
„Sie gefährden das Zusammenleben.“
Die Polizei?
Ein Vorfall – im Februar.
Kinder. Ein Klebestreifen. Keine Gewalt.
Kein Steinwurf. Kein Übergriff.
Die Bauaufsicht?
„Bewohnbar. Sanierungsstand: genehmigungsfrei.“
Das Ordnungsamt?
„Keine akute Gefährdungslage.“
Und doch wächst die Geschichte.
Denn es wird nicht gefragt, ob sie stimmt.
Es wird gefragt: Wie oft wurde sie schon erzählt?
Die Bürgermeisterin widerspricht –
und wird prompt der Lüge bezichtigt.
Der Integrationsbeauftragte schweigt –
und gilt nun als Verräter.
Die Verwaltung hört auf zu sprechen –
denn wer widerspricht, verliert die Kontrolle über den Ton.
Und währenddessen, nur eine Straße weiter:
Das Generationenquartier – frisch, modern, inszeniert.
Visionen auf Bannern. Hoffnung in Baggern.
Die Marktstraße?
Jetzt nur noch: Kulisse für das Davor.
Die eine wird beworben –
die andere: beworfen.
So entsteht keine Ordnung.
Nur: Distanz.
Die Wahrheit weicht der Wiederholung.
Die Verantwortung – die Pose.
Und dort, wo Fakten gesprochen hätten,
spricht jetzt nur noch: das Bild.
Wie ist Ihre Reaktion?






