Catharine Rembert: Lehransätze und ihr nachhaltiges Wirken
Die Arbeit beleuchtet das pädagogische Erbe von Catharine Rembert und zeigt, wie ihre gestalterischen Grundlagen – von Schattenriss bis Typografie – bis heute kreative Praxis prägen. Ein Plädoyer für Reduktion, Haltung und visuelles Denken.

Kapitel 3: Kernprinzipien von Remberts Lehransatz
Catharine Remberts Unterricht war keine akademische Routine – er war ein Labor des Sehens. Ihre Übungen zielten nicht auf Effekte, sondern auf Erkenntnis. Im Zentrum standen einfache Formen, Alltagsgegenstände und der bewusste Umgang mit Raum, Material und Bedeutung. Drei Grundprinzipien durchziehen ihr Lehrkonzept wie ein roter Faden: das Form‑Raum‑Experiment, die Ikonisierung des Alltäglichen und modulare Didaktik.
3.1 Das Form‑Raum‑Experiment: Sehen lernen durch Umkehrung
Was passiert, wenn wir einen Kreis nicht als „Ding“, sondern als Beziehung zwischen Fläche und Umraum betrachten? Remberts Form‑Raum‑Übung stellte genau diese Frage. Ihre Studierenden zeichneten geometrische Grundformen – Kreis und Quadrat – als schwarze Schattenrisse auf weißem Papier. Dann kehrten sie die Verhältnisse um: Weiß wurde zu Schwarz, Positiv zu Negativ, Figur zu Grund.
Durch diese einfachen Umkehrungen entstand ein Bewusstsein dafür, dass jede Form nur im Wechselspiel mit dem Raum entsteht, der sie umgibt. Mal trat der Kreis als Insel hervor, mal verschwand er im negativen Zwischenraum. Das war keine bloße technische Übung – es war ein Training der Wahrnehmung. Linien wurden zu Denkfiguren, Kompositionen zu Fragestellungen. Wer so sah, konnte später auch gestalten.
3.2 Alltagsgegenstand als Ikone: Das Triviale als Zeichen denken
Ein Wasserglas, ein einfacher Teller, eine Kreisschablone – für Rembert waren das keine banalen Requisiten, sondern potentielle Ikonen. Ihre Studierenden wählten Gegenstände des täglichen Lebens und überführten sie in grafische Zeichen. Die Übungen folgten einem klaren Ablauf:
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Reduktion auf Kontur: Die Umrisslinie wurde zur Essenz des Objekts.
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Flächenmodellierung: Schwarz‑Weiß‑ oder Graustufen-Flächen verstärkten Volumen und Spannung.
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Formale Betonung: Einzelne Merkmale – etwa der Glasrand oder die Tellerwölbung – wurden gezielt hervorgehoben.
Was daraus entstand, war mehr als eine Zeichnung. Es war ein Zeichen mit Eigenleben – einfach, wiedererkennbar, prägnant. Die Studierenden lernten: Das Alltägliche birgt Symbolkraft, wenn man es konsequent reduziert. Ein Prinzip, das sich direkt in heutige Bildzeichen übersetzen lässt – von Logos bis App-Icons.
3.3: Didaktische Module: Wiederholung als Methode der Erkenntnis
Remberts Lehrsystem war nicht linear, sondern modular. Ihre Übungen waren Bausteine, die kombiniert und variiert werden konnten – wie ein Vokabular für visuelles Denken. Drei Module waren dabei zentral:
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Graustudien: Farbe wurde ausgeschlossen, um den Hell‑Dunkel‑Kontrast zu schulen. Weiß und Schwarz wurden zu Werkzeugen der Tiefenwirkung – ganz ohne emotionalen Farbcode.
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Maßstab-Variation: Identische Formen wurden verkleinert und vergrößert nebeneinander dargestellt. So wurde unmittelbar erfahrbar, wie Größe Bedeutung verändert – ein Kreis in 2 cm wirkt anders als in 20.
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Collage & Typo: Handsatz-Typografie wurde mit ausgeschnittenen Fotofragmenten kombiniert. Die Studierenden klebten, setzten, überlagerten. Schrift und Bild gingen in einen Dialog, der neue Bedeutungen freisetzte.
Diese Module hatten ein Ziel: Gestaltung nicht als Ausdruck von Gefühl zu lehren, sondern als bewusste, reflektierte Handlung. Das Auge wurde geschult, das Denken strukturiert – ohne dabei die kreative Intuition zu unterdrücken.
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