7-Gedanken: Selbstkasteiung der Tourismusbranche

Eine Gedankenskizze über Preis, Haltung und Würde im Tourismus. In sieben Gedanken erzählt dieser Text von Selbstachtung in Zahlenform - und von der Freiheit, nicht nur zu kalkulieren, sondern zu gestalten. Eine Einladung zum Innehalten.

Apr 20, 2025 - 20:43
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GEDANKE 6: Der Preiswettkampf als Qualitätssabotage
Wer in Preise denkt, denkt über Menschen nach. Und manchmal: über sich selbst.
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GEDANKE 6: Der Preiswettkampf als Qualitätssabotage

Wer permanent am Preis schraubt, schraubt bald an der Substanz. Erst vorsichtig, dann systematisch. Reinigungszeiten werden gekürzt. Frühstücksangebote vereinfacht. Mitarbeitende überfordert. Und irgendwann: Gäste enttäuscht.

Denn Qualität ist kein Selbstläufer. Sie lebt von Zeit, Aufmerksamkeit - und Menschen, die mit Würde arbeiten dürfen. Wer die Preise zu tief ansetzt, spart dort, wo es am stillsten wehtut:
Bei der Reinigungskraft, die plötzlich 20 Zimmer statt 12 schaffen soll.
In der Küche, die statt frischer Produkte auf Massenware ausweichen muss.
An der Rezeption, wo das Lächeln bleibt - aber starrer wird, weil der Tag zu lang war.

Der Gast merkt das. Vielleicht nicht beim ersten Besuch. Aber er spürt es: Das hier fühlt sich anders an. Weniger liebevoll. Weniger echt.

Oft beginnt es mit Kleinigkeiten:
Ein Buffet, das etwas schmaler ausfällt.
Eine Matratze, die nicht mehr ganz so bequem ist.
Ein Papierkorb, der nicht täglich geleert wird.

Details, die sich aufsummieren. Und plötzlich kippt die Atmosphäre. Der Gast bleibt vielleicht noch - aber er kommt nicht wieder. Und wenn er nach seiner Reise gefragt wird, bleibt ihm kein Gefühl von Besonderheit. Nur ein leises: „War okay.“ Und das reicht nicht.

Ein Campingplatz an der Müritz führte über Jahre einen stummen, aber ruinösen Preiskrieg mit dem Nachbarplatz. Jeder Euro zählte - nach unten. Die Preise waren niedrig, aber die Stimmung angespannt. Das Personal am Limit. Die Bewertungen? Schwankend.
Erst ein Betreiberwechsel brachte die Wende: weniger Stellplätze, klarer Servicefokus, höhere Preise. Und siehe da: weniger Stress, weniger Beschwerden - aber mehr Zufriedenheit. Mehr Empfehlungen. Mehr Ruhe - auch im Team.

Der sechste Gedanke ist ein Weckruf.
Qualität ist kein Zufallsprodukt. Sie ist das Ergebnis bewusster Entscheidungen - und ehrlicher Kalkulation.
Wer seine Preise nur nach unten kennt, wird auch seine Ansprüche senken.
An das Angebot. An die Menschen. An sich selbst.

Doch wer den Mut hat, seine Substanz zu schützen, schützt mehr als nur den Betrieb - er schützt seine Würde. Und die seiner Mitarbeitenden.

Denn langfristig gewinnt nicht, wer am billigsten ist.
Sondern wer am klarsten sagt: „Das ist es mir wert.“

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