Die Causa „Marktstraße“: Anatomie einer Inszenierung
„Marktstraße – Anatomie einer Inszenierung“ erzählt, wie sich ein lokales Gerücht in eine politische Realität verwandelt. Ein persönlicher, präziser Text über Sprache, Angst und Verantwortung – und die zerstörerische Macht populistischer Narrative.

Einleitung – Wenn eine Straße zur Bühne wird
Ich heiße Anselm Bonies, Fotograf in Loitz. In der Nacht zum 6. September 2025 brannte mein Atelier – gelegt von jemandem, der wusste, was er tat.
Ich war zu Hause. Ich schlief. Heimtückisch.
Es war kein Zufall. Kein bloßer Sachschaden.
Es war die Folge einer Geschichte, die sich verselbständigt hatte – und längst nicht mehr zu stoppen war.
Der Fall der Marktstraße in Loitz ist mehr als nur ein lokales Ereignis. Er steht exemplarisch für ein gesellschaftliches Phänomen, das weit über diesen Ort hinausweist: Wie aus einzelnen, oft unbelegten Behauptungen eine politische Erzählung entstehen kann, die nicht nur Debatten bestimmt, sondern auch Wahrnehmung verschiebt.
Was harmlos begann – eine Bürgersprechstunde, Stimmen der Sorge, offene Fragen – wurde durch gezielte Wiederholung, mediale Aufladung und politische Instrumentalisierung zu einem landesweiten Symbol. Ein Symbol für Kontrollverlust, Unsicherheit, Bedrohung. Und das, obwohl bis heute kein belastbarer Beweis die dramatischen Schilderungen aus den ersten Sitzungen untermauert.
Und doch: Die Geschichte entwickelte eine Eigendynamik.
Sie wurde erzählt, weitergetragen, zugespitzt.
Und irgendwann war sie nicht mehr nur ein Gerücht oder eine Empfindung – sondern eine Realität im Kopf vieler Menschen.
Diese Analyse folgt dem Weg dieser Erzählung:
Von ihrer Geburt im kleinen, nervösen Rahmen der Bürgersprechstunde.
Über ihre bewusste Inszenierung auf der politischen und medialen Bühne.
Bis hin zu dem Versuch, sie nicht mit einer Gegengeschichte zu übertönen, sondern mit einem stilleren Werkzeug zu entzaubern – mit präzisen Fragen, die Verantwortung einfordern, statt neue Bilder zu erzeugen.
Wie ist Ihre Reaktion?






