Eve Arnold: Die Portraitfotografin im Portrait

Apr 21, 2025 - 18:23
Apr 22, 2025 - 20:07
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Kapitel 8: Arnold, Newton & Riefenstahl - Drei Blickachsen, ein Vermächtnis
Eve Arnold mit Rolleiflex - auf dem Cover ihres Magnum-Legacy-Bandes: ein stilles Vermächtnis zwischen Beobachtung, Würde und der Wahrheit.
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Kapitel 8: Arnold, Newton & Riefenstahl - Drei Blickachsen, ein Vermächtnis

Manchmal genügt ein Raum. Eine Ausstellung. Ein kuratorischer Gedanke. Und plötzlich beginnen Bilder miteinander zu sprechen. Nicht laut - aber eindringlich. So ist es, wenn Fotografien von Eve Arnold neben jenen von Helmut Newton hängen. Und manchmal, als historisches Echo, tritt auch Leni Riefenstahl hinzu - als Kontrast, als Warnung, als Frage.

Drei Blickachsen. Drei Temperamente. Drei künstlerische Handschriften, die sich nicht vergleichen lassen - aber miteinander ins Gespräch treten.

Eve Arnold steht für die stille Beobachtung. Ihre Bilder drängen sich nicht auf. Sie laden ein. Sie beschönigen nichts, stilisieren nichts - sie zeigen, was ist. Und sie stellen Fragen, wo andere Antworten liefern wollen.

Helmut Newton, der große Inszenierer, sucht Distanz - nicht aus Ablehnung, sondern aus kalkulierter Gestaltung. Seine Arbeiten sind Bühnenbilder: erotisch, stilisiert, provokativ. Wo Arnold Nähe schafft, setzt Newton auf Komposition. Und doch: Beide begegnen ihren Motiven mit Ernst - auf sehr unterschiedliche Weise.

Und dann ist da Leni Riefenstahl. Technisch brillant. Visuell visionär. Ihre Filme - Olympia, Triumph des Willens - gelten als Meisterwerke der Form. Doch die Ästhetik, die sie schuf, wurde zur Bühne einer Ideologie. Ihre Werke sind Mahnmale - für die Verführungskraft perfekter Komposition, für das Verstummen der Ethik, wenn die Form zur Religion wird.

Wenn in Ausstellungen diese drei Positionen nebeneinanderstehen, entsteht ein Spannungsfeld, das weit über das Künstlerische hinausreicht. Es geht um Technik, Haltung und Wirkung. Um die Frage: Was darf ein Bild auslösen? Und: Was sollte es niemals verschleiern?

Für mich ist dieses Spannungsfeld kein Widerspruch - sondern eine Einladung. Zum Nachdenken. Zum Abwägen. Denn wer mit Bildern arbeitet, bewegt sich ständig zwischen diesen Polen: zwischen dokumentarischer Empathie, stilistischer Provokation - und der Gefahr der Verklärung.

Arnold zeigt, wie viel Nähe ein Bild zulassen kann. Newton, wie viel Distanz ein Bild braucht. Und Riefenstahl mahnt - trotz aller Brillanz -, dass kein Bild schöner sein darf als seine Wahrheit.

Was diese drei hinterlassen, ist mehr als ein Werk. Es ist eine Haltung. Eine Herausforderung. Und für viele - auch für mich - ein Prüfstein: Wie will ich sehen? Und was will ich zeigen?

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