Das Raster führt mit - Ordnungssysteme in Gestaltung, Fotografie und digitaler Anwendung
Raster sind mehr als Ordnungshilfen: Sie strukturieren, steuern und öffnen gestalterische Spielräume. Der Beitrag zeigt, wie Rastersysteme in Design, Fotografie und digitalen Anwendungen Orientierung schaffen - und Gestaltung tragfähig machen.

Raster im Editorial Design und Typografie - Struktur, die führt und Freiraum lässt
Ein gutes Layout erkennt man nicht an der Struktur – sondern daran, wie es sich lesen lässt.
Fließend. Ruhig. Ohne Widerstand. Und genau dafür braucht es ein Raster.
Im Editorial Design ist das Raster keine technische Stütze im Hintergrund.
Es ist Denkstruktur. Rhythmusträger. Raumhalter.
Es hilft, Inhalte lesbar zu machen – nicht nur im Sinne von: „Wo steht der Text?“
Sondern auch: Was geschieht dazwischen? Zwischen Absätzen? Zwischen Bild und Weißraum? Zwischen Gewicht und Leichtigkeit?
Spaltenraster, Grundlinienraster, modulare Systeme – alle haben ihre Berechtigung.
Aber entscheidend bleibt: Passt das System zur Publikation? Zum Inhalt? Zum Rhythmus der Lektüre?
Ich arbeite oft mit einem Zweispaltenraster und einer zusätzlichen Marginalienspalte.
Der Haupttext bleibt klar gegliedert, während am Rand Platz entsteht – für Zitate, Hinweise, Querverweise.
Diese schmale Spalte tut mehr, als man denkt. Sie strukturiert nicht nur. Sie atmet.
Ein durchlaufendes Grundlinienraster bringt zusätzlich Ordnung in die Fläche.
Schriftgrößen, Absätze, Bildunterschriften – sie finden ihren Platz im Takt.
Und der Leser? Merkt es kaum. Aber spürt es.
Denn Lesbarkeit ist nicht nur Inhalt – sie ist auch Vertrauen in die Form.
Und dann kommt der Moment, in dem die Struktur weicht.
Ein Einschub, der sich über beide Spalten legt. Ein Zitatkasten, der das Raster bricht. Ein Bild, das größer ist als gedacht.
Wenn das Raster gut gesetzt ist, hält es solche Eingriffe aus – und hebt sie sogar hervor.
Ein gutes Raster lebt nicht von Strenge, sondern von Elastizität.
Es ist wiederverwendbar – ja. Aber niemals starr.
Denn kein Text gleicht dem anderen. Kein Layout bleibt ewig gleich.
Ordnung muss mitwachsen können. Sonst wird sie zur Fessel – nicht zur Haltung.
Praxistipp: Rasterwahl und Anwendung im Editorial Design
- Raster nicht dem Format überstülpen: Entwickle das Rastersystem aus dem Inhalt heraus. Erst klären, was gezeigt werden soll – dann überlegen, wie viel Struktur es braucht.
- Marginalienspalten sinnvoll nutzen: Zusätzliche Spalten für Zitate, Hinweise oder begleitende Bildinhalte entlasten die Hauptspalte und erleichtern die Orientierung.
- Grundlinienraster prüfen: Stimmen Schriftgrößen, Zeilenabstände und Modulhöhen? Ein einfaches Rastermaß (z. B. 4 mm oder 5 mm) kann als durchgehender Taktgeber dienen.
- Regelbruch bewusst planen: Wenn ein Gestaltungselement aus dem Raster ausbricht, sollte es visuell und inhaltlich begründet sein. Brüche wirken nur dort stark, wo Ordnung zuvor erkennbar war.
- Raster dokumentieren: Halte Rasterlogik, Maße und Varianten in einem begleitenden Gestaltungsdokument fest – das schafft Klarheit bei Folgeprojekten und in der Zusammenarbeit.
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