KÄTHE: Die Wintergäste des Waldes (Kurzgeschichte)

In den mystischen Raunächten begibt sich Käthe, die mittlerweile zu einer jungen Dame herangewachsen ist, mit ihrem treuen Begleiter in den Wald. Dort entdeckt sie ein märchenhaftes Häuschen, in dem zwei Besucher, Hilda und Sigurd, festsitzen. Gemeinsam mit ihrer Mutter beschließt Käthe, den beiden zu helfen und dabei den Zauber der Natur und Gemeinschaft zu erleben. Diese inspirierende Geschichte zeigt auf, wie Liebe und tatkräftiges Handeln den Zauber des Lebens wiederherstellen können - Spüre deinen Puls.

Dec 26, 2023 - 01:22
Dec 26, 2023 - 02:01
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KÄTHE: Die Wintergäste des Waldes (Kurzgeschichte)

Es war ein unerwartet sonniger Wintertag in den Raunächten, als Käthe, ein lebhaftes und neugieriges Mädchen, beschloss, einen ausgedehnten Spaziergang im nahegelegenen Wald zu unternehmen. Ihr treuer Hund tänzelte aufgeregt um sie herum, während sie sich in ihren warmen, kuscheligen Mantel hüllte und ihre liebevoll gestrickte Pudelmütze aufsetzte. 

Der frische Schnee knirschte beruhigend unter ihren Füßen, als sie zwischen den wunderschönen, mit Schnee bedeckten Bäumen durch den friedlichen Wald wanderten. Die Stille des Waldes wurde nur durch das gelegentliche Knacken der Äste und das fröhliche Zwitschern der Vögel unterbrochen, die sich mutig der Kälte stellten.

Plötzlich entdeckte Käthe auf einer großen Waldlichtung etwas Ungewöhnliches: ein kleines, weißes Häuschen, das wie aus dem Nichts erschienen zu sein schien, eingebettet zwischen stolz erhabenen Tannen und funkelnden Eiszapfen. "Schau mal! Hast du das Häuschen schon einmal gesehen?", fragte sie ihren Hund, der interessiert in Richtung des Häuschens schnüffelte. Käthe näherte sich dem märchenhaften Häuschen, das aussah, als wäre es einem alten, verzauberten Märchen entsprungen, und klopfte vorsichtig an die Tür. "Hallo? Ist da jemand drin?", rief sie mit einer Mischung aus Neugier und Vorsicht, doch es kam keine Antwort, nur ein geheimnisvolles Schweigen, das die Luft erfüllte.

Ihr Hund bellte aufgeregt und kratzte an der Tür, als ob er spürte, dass etwas Geheimnisvolles im Gange war. Als Käthe genauer lauschte, hörte sie leise, summende Geräusche aus dem Inneren des Häuschens. Neugierig spähte sie durch das kleine, mit Raureif bedeckte Fenster und entdeckte zu ihrer Überraschung zwei winzige Gestalten – eine Biene und eine Hummel, die sich in einer lebhaften Unterhaltung zu befinden schienen. "Hallo! Ich bin Hilda," summte die Biene mit einer sanften, melodischen Stimme. "Und ich bin Sigurd," brummte die Hummel, deren Stimme tief und beruhigend klang. "Wir sind im Herbst hierhergekommen, um Schutz zu suchen, aber irgendwie haben wir uns verirrt. Es ist so eng und verwirrend hier drin."

Mitfühlend antwortete Käthe: "Ihr seid hier, um zu überwintern? Das ist ja ein richtiges Abenteuer! Aber warum könnt ihr nicht mehr raus?" Hilda und Sigurd schauten sich an, ihre Blicke eine Mischung aus Verlegenheit und Ratlosigkeit. "Nun, wir haben das Flugloch nicht mehr gefunden," erklärte Hilda. "Es ist alles so eng und verwirrend hier drin. Und bei der Kälte draußen hatten wir Angst, uns auf die Suche zu machen," fügte Sigurd hinzu, während er zitternd seine Flügel aneinander rieb.

Käthe, erfüllt von dem Wunsch zu helfen, sagte entschlossen: "Keine Sorge, ich werde euch helfen, einen Weg nach draußen zu finden. Und bis es wärmer wird, könnt ihr sicher bei uns bleiben." Die Augen der Beiden leuchteten auf, erfüllt von Dankbarkeit und neuer Hoffnung.

Zu Hause erzählte Käthe ihrer Mutter von ihrer Entdeckung. "Mama, ich habe heute im Wald ein kleines Häuschen gefunden, in dem Hilda, die Biene, und Sigurd, die Hummel, leben. Sie haben sich dort verirrt," berichtete sie. Ihre Mutter, erstaunt über diese märchenhafte Begegnung, schlug vor, den beiden etwas zu essen zu geben. "Ich habe gelesen, dass Bienen und Hummeln Honig mögen. Vielleicht können wir ein Glas Honig und Schälchen mit etwas Honigwasser in das Häuschen stellen?"

Käthes Mutter lächelte, als sie eine weitere Idee hatte. "Weißt du, Käthe, mit dem wunderschönen Honigwasser und dem Honig könnten wir auch leckere Lebkuchenplätzchen backen. So hätten wir köstliche Lebkuchenplätzchen für die jetzigen Rauhnächte, und es würde so schön nach Lebkuchen und Honig im Haus duften. Darüber würden sich Hilda und Sigurd bestimmt freuen."

Gemeinsam bereiteten sie ein Glas und kleine Schalen mit Honig und Honigwasser vor und machten sich dann an die Arbeit, den Teig für die Lebkuchenplätzchen zuzubereiten. Der Duft von Honig und Gewürzen füllte bald das Haus, und Käthe konnte es kaum erwarten, die fertigen Plätzchen zu probieren. "Mama, ich denke, Hilda und Sigurd werden sich über den Duft freuen. Vielleicht fühlen sie sich dann wie zu Hause," sagte Käthe, während sie die warmen Plätzchen aus dem Ofen holte.

"Aber Mutter, als ich vorhin an der großen Lichtung stand, wo wir schon einmal waren, das Goldene Vlies sahen, erinnerst du dich?" fragte Käthe mit einem leisen Ton in ihrer Stimme. Ihre Mutter, die gerade einen Plätzchen vom Blech nahm, hielt inne und blickte Käthe liebevoll an. "Ja, mein Schatz, ich erinnere mich. Was war denn da?" erwiderte sie sanft.

"Die Häuser und Hütten standen nicht mehr da, nur die Tanne stand da ungeschmückt." Käthes Stimme zitterte ein wenig. "Doch ein mulmiges Gefühl hatte ich schon, Mama." Die Mutter legte besorgt ihre Hand auf Käthes Schulter. "Das klingt beunruhigend, Liebes. Was denkst du, ist dort geschehen?"

Käthe schaute aus dem Fenster, ihre Gedanken schienen weit weg zu sein. "Ich weiß es nicht, Mama. Es fühlte sich so leer und traurig an, fast als ob die Lichtung ihren Zauber verloren hätte. Früher war es ein Ort voller Leben und Farbe, aber heute... heute war es so anders."

Die Mutter nickte verständnisvoll. "Manchmal ändern sich Orte, Käthe. Du bist nun auch einige Jahre älter und die Zeit ist vergangen. Vielleicht ist es ein natürlicher Teil des Lebenszyklus, so auch in der Natur. Aber weißt du, wir können immer etwas tun, um den Zauber zurückzubringen." Käthes Augen leuchteten auf. "Meinst du, wir könnten dort etwas unternehmen, um es wieder schön zu machen?"

Die Mutter erinnerte sich daran, dass an der großen Lichtung wie all die Jahre zuvor die Wissenden des Ortes zusammenkamen. In den Generationen zuvor hatte dort auch immer ein alter weiser Mann mit einem Rauschebart am Lagerfeuer gesessen und den Kindern all die wundervollen Geschichten erzählt, wie es über die Jahrhunderte hinweg Brauch war, denn jeder zauberhafte Ort schien seinen eigenen weisen alten Mann mit Rauschebart zu haben.

"Ja, das können wir," ermutigte ihre Mutter. "Vielleicht können wir im Frühling dort Blumen oder blühende Sträucher pflanzen. Wir können helfen, diesen Ort ganzjährig wieder zu einem fröhlichen Platz zu machen." Käthe lächelte bei diesem Gedanken. "Das wäre wunderbar, Mama. Ich glaube, Sigurd und Hilda würden das auch mögen. Vielleicht könnten sie uns sogar helfen, die Blumen und Sträucher zu bestäuben."

"Genau, das wäre eine tolle Idee," stimmte die Mutter zu. "Und weißt du was? Wir könnten sogar ein paar unserer Lebkuchenplätzchen mitnehmen und sie während unseres winterlichen Spaziergangs genießen. So würden wir wieder schöne Erinnerungen an diesem Ort schaffen."

Käthe nickte begeistert. "Das klingt nach einem perfekten Plan, Mama. Ich freue mich schon darauf, die Lichtung wiederzusehen und zu sehen, wie sie sich verändert hat, wenn wir sie und die Tiere des Waldes mit Leben füllen."

In diesem Moment kam ihr Hund hereingelaufen, wedelte mit dem Schwanz und schnupperte an den Plätzchen. Käthe lächelte und gab ihm ganz geschickt ein Stück Hundeplätzchen aus dem anderen Glas. "Siehst du, selbst er freut sich über unsere Pläne."

Die Mutter lächelte. "Ja, und wir alle zusammen – du, ich, Sigurd, Hilda und unser treuer Hund – werden dafür sorgen, dass die Lichtung wieder ein zauberhafter Ort wird." Käthe, in ihrem jugendlichen Leichtsinn, erwiderte: "Die Natur zeigt uns den Weg, den wir künftig bestreiten werden. Und wenn die Waldlichtung über das gesamte Jahr wunderschön für die Tiere des Waldes anzusehen sein soll, dann soll dem so sein."

Mit diesen Gedanken verbrachten Käthe und ihre Mutter den Rest des Abends in der warmen Küche, umgeben vom Duft der Lebkuchenplätzchen und den Plänen für die Zukunft. Sie wussten, dass sie gemeinsam viel bewirken könnten, und freuten sich auf die kommenden Tage, denn es waren die Raunächte, in denen sie ihrer Umgebung etwas von der Freude und dem Glück zurückgeben konnten, die sie selbst so reichlich erfahren hatten.

Am nächsten Tag, als die Sonne gerade über den schneebedeckten Baumwipfeln aufging, machte sich Käthe erneut auf den Weg zum Wald, begleitet von ihrem treuen Hund und einem Korb voller Lebkuchenplätzchen. Während sie die Lichtung betrat, bemerkte sie, dass die Atmosphäre lebendiger war als am Tag zuvor. Eine Eule saß auf einem nahen Ast und beobachtete sie mit neugierigen Augen. "Guten Morgen, junge Dame", rief die Eule mit einer erhabenen, ruhigen Stimme.

"Mein Name ist Käthe", sagte sie und bot der Eule ein Lebkuchenplätzchen an. "Ich bin auf der Suche nach Sigurd und Hilda. Hast du sie gesehen?"

"Ah, die beiden kleinen Abenteurer", nickte die Eule. "Sie sind im Häuschen, aber sie sind nicht die Einzigen, die sich hier verstecken."

Käthe, neugierig geworden, klopfte erneut an die Tür des kleinen Häuschens. Sigurd und Hilda kamen heraus, gefolgt von einer Schar anderer Tiere des Waldes – einer schlauen Elster, einem flinken Fuchs und einem immermüdewirkenden Igel. "Wir haben gehört, dass du uns gestern geholfen hast", sagte der Fuchs. "Und wir möchten dir danken."

Die Elster, die glänzende Dinge liebte, hatte Käthes Bommel an der Mütze bemerkt und pickte sanft daran. "Diese Mütze ist wunderschön, Käthe, kannst du dich noch an mich erinnern?", zwitscherte sie. Käthe lächelte, “Ja, du bist doch die Elster mit dem Etui!” und gab jedem Tier zunächst ein Stück Lebkuchen.

Während sie die Lebkuchen und Trockenfrüchte verteilte, flatterte die Taube heran und Käthe immermüdewirkenden das Gurren. "Wir möchten euch alle einladen, uns heute Abend zu besuchen", sagte die Taube. "Es gibt ein Fest im Wald, um die  Raunächte zu feiern."

Die Nachricht verbreitete sich schnell, und bald wusste der ganze Wald von der Einladung. Käthe war aufgeregt bei dem Gedanken, an so einem besonderen Ereignis teilzunehmen.

Sie eilte schnell nach Hause, um ihrer Mutter von der Einladung zu erzählen.

"Das ist eine wunderbare Gelegenheit, Käthe", sagte ihre Mutter. "Wir können unsere Lebkuchenplätzchen mitbringen, etwas Honigwasser um die Schälchen aufzufüllen und sogar noch mehr backen, um mit den Tieren des Waldes zu teilen."

Als die Nacht hereinbrach, kehrten Käthe und ihre Mutter, begleitet von ihrem Hund, zurück zur Lichtung. Sie trugen Laternen, die den Schnee in ein warmes Licht tauchten. Tiere aller Arten hatten sich versammelt, und im Zentrum der Lichtung war ein großes Lagerfeuer entfacht. Die Eule saß auf einem hohen Ast und erzählte Geschichten aus alten Zeiten, während der weise alte Mann mit dem Rauschebart leise dazu gesellte und nickte.

Käthe kurz erschrocken, "Oops, wer bist du denn, alter Mann?”

“Guten Abend, ich bin Snorri", erwidert er und legt seinen alten, wunderschön geschnitzten Wanderstock und den kleinen Wandersack auf den Schoß.

Käthe fühlte sich, als wäre sie Teil eines echten Märchens geworden. Die Tiere des Waldes tanzten und spielten, und die Luft war erfüllt von Lachen, Musik und dem Duft von Lebkuchen. "Das ist der Zauber der Raunächte", flüsterte ihre Mutter und schaute dabei zu Snorri. "Ein Zeitpunkt, in dem alle Wesen des Waldes zusammenkommen und Freude teilen." ... "Danke Käthe, danke ihr lieben Tiere des Waldes, danke Snorri."

In dieser Nacht verstand Käthe wieder, dass der Zauber nicht nur in märchenhaften Geschichten existierte, sondern auch in den kleinen Gesten der Freundlichkeit und in der Gemeinschaft, die in der Natur und in ihren eigenen Herzen lebte. Sie wusste, dass sie diese Erfahrung nie vergessen würde und dass sie von nun an den Wald und seine Bewohner mit anderen Augen sehen würde.

Diese Raunacht verlief in fröhlicher Stimmung, und Käthe, ihre Mutter und die Tiere des Waldes genossen die Gesellschaft und die festliche Atmosphäre bis tief in die Nacht hinein.

Als die ersten Sonnenstrahlen den Himmel erhellten und der Wald langsam erwachte, stand Käthe auf und streckte sich aus.

"Nun ist es Zeit, nach Hause zu gehen, mein treuer Freund", sagte sie zu ihrem Hund, der sich neben ihr zusammengerollt hatte. Die anderen Tiere begannen sich ebenfalls zu verabschieden und kehrten in ihre Verstecke im Wald zurück.

Bevor sie ging, wandte sich Käthe an Snorri, den weisen alten Mann mit dem Rauschebart. "Vielen Dank, dass du uns an diesem besonderen Abend begleitet hast. Es war eine Ehre, dich kennenzulernen."

Snorri lächelte sanft. "Die Ehre war ganz meinerseits, Käthe. Du und deine Mutter habt den Zauber dieses Ortes im Wald wiederbelebt, und ich bin sicher, dass er noch viele Generationen von Menschen und Tieren erfreuen wird."


Die Mutter flüsterte Snorri zum Abschied sanft ins Ohr: “Ich habe all die Jahre nur von dir gehört, jedoch nie gesehen. Ich habe jetzt eine Bitte an dich.” Snorri schaut ihr kurz tief in die Augen, Käthes Mutter verstand die Zeichen und sagte, “Pass bitte auf meine Käthe auf. Danke.”

Käthe und ihre Mutter verabschiedeten sich von Snorri und machten sich auf den Heimweg.


Während Käthes Mutter die Tür öffnete und die warme Stube betreten wollte, spürte sie einen kühlen Hauch, der ihren Nacken streifte. Sie verharrte kurz und sagte leise, “Danke für alles. Die Erinnerung an diese wunderschöne Nacht wird für immer in ihrem Herzen bleiben.”

In den folgenden Jahren besuchten Käthe und ihre Mutter die Waldlichtung regelmäßig, um sie mit Blumen und Sträuchern zu verschönern und den Tieren des Waldes Gesellschaft zu leisten. Die Lichtung blühte wieder auf, und der Zauber kehrte zurück. Hilda, Sigurd und die anderen Tiere des Waldes blieben ihre Freunde und halfen ihnen dabei, die Natur zu schützen und zu bewahren.

Und so lebten Käthe und ihre Mutter glücklich und zufrieden im kleinen Ort, eng verbunden mit der Natur und den zauberhaften Wesen des Waldes, die sie stets begleiteten. Die Raunächte wurden zu einer Zeit des Feierns, der Freundschaft und des gemeinsamen Abenteuers, die sie immer wieder aufs Neue erleben konnten.

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