GEDANKENDUSCHE: Das Narrenspiel der Macht

In einer Arena der Macht inszenieren Staatsmänner ein Spektakel aus Selbstverherrlichung, während das Volk jubelnd folgt. Doch ein Narr tritt auf, entlarvt mit Satire die Heuchelei der Mächtigen und zweifelt insgeheim an seiner Rolle im Spiel der Illusionen.

Nov 11, 2024 - 12:50
Nov 11, 2024 - 13:01
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GEDANKENDUSCHE: Das Narrenspiel der Macht
Kein Widersinn, sondern Frohsinn, wenn es heißt: Schöne Dinge zu lesen, die beginnen mit: Es war einmal.

Es war einmal: Ein Narr, der Staatsmann war. In einer grandiosen Arena, unter einer Kuppel, die mit übertriebenem Ehrgeiz eigens als Himmelsfirmament gestaltet wurde – so transparent, so klar –, wo die Tribünen sich fast bis zu den Sternen schrauben und der Staub kunstvoll in der Luft schwebt, als wäre er eigens engagiert, um die Spannung zu erhöhen, inszenieren die Staatsmänner ihre große, von sich selbst überzeugte Show. Eine theatralische Vorführung, die im Spektakel badet und in Selbstbeweihräucherung schwimmt. Die Nasenringe der Bevölkerung funkeln im grellen Licht der Scheinwerfer, perfekt poliert, um die glorreichen Hoffnungen widerzuspiegeln, die mit der Eleganz eines Jongleurs von den Machthabern in die Luft geworfen werden. Die Menschen folgen, tanzend und taumelnd, im Takt der politischen Melodie, die zufällig immer dann wechselt, wenn es die Dramatik erfordert – ein nie endender Walzer aus Verheißungen und Enttäuschungen, den sie offenbar nie leid werden.

Hier reitet ein Staatsmann mit großer Würde auf einem prächtigen Zirkuspferd namens Pegasus, schwingt die Peitsche des rhetorischen Echos, während sein Kostüm in den schillernden Farben wechselnder Ideologien glitzert – weil nichts so elegant wie Inkonsequenz funkelt. Das Volk jubelt, vollkommen unwissend, dass die Manege längst für ein noch besseres Spiel vorbereitet ist. Der Vorhang hebt sich, und plötzlich tritt der Narr auf, seine Glocken besetzte Mütze läutet die Ankunft des wahren Genies. Doch dieser Narr ist nicht nur ein Witzbold, sondern ein Meister der Satire, seiner Worte, der die Worte der Mächtigen in herrlich lächerliche Spiegelbilder verwandelt, Wahrheit und Lüge in einen irrwitzigen Tanz verwickelt.

Der Narr hüpft freudig zwischen den Staatsmännern, lässt ihre geballten Fäuste zu Seifenblasen zerplatzen und verwandelt ihre erhabenen Reden in ein lautes Kichern. "Schaut her!", ruft er, wirft einen glänzenden Narrenspiegel auf den Boden, der die Gesichter der Mächtigen grotesk verzerrt. Er zeigt, wie ihre Versprechen zu einem lächerlichen Reigen werden, wie der Stolz ihrer Ämter in eine äußerst elegante pantomimische Überheblichkeit zerbröckelt. Und während das Volk, in seiner Rolle als sehr williger Spielgefährte, ein Lachen vergießt, zieht der Narr an unsichtbaren Fäden, spielt mit den Herzen und Köpfen, lässt die Menschen glauben, sie seien Teil des großen Spiels – obwohl niemand wirklich weiß, wer hier die Fäden in der Hand hält.

In der Mitte der Manege tanzt der Staatsmann-Narr, mit einem Zepter aus absolut bedeutungsvollen leeren Worten, während das Volk, am Nasenring geführt, eine wunderschön choreografierte Zustimmung vollführt. Die Arena verwandelt sich in ein absurdes Theater, wo die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Inszenierung so geschickt verwischt werden, dass sie fast glaubwürdig erscheinen. Jeder Akt wird von einem rauschenden Applaus enttäuschter Träume begleitet, und der Narr zieht sich kurz zurück, um aus sicherer Entfernung zu schmunzeln, denn er weiß: In dieser Show gibt es immer neue Spielgefährten und frische Masken, die mit Begeisterung aufgesetzt werden.

Der Staub legt sich, aber das Spiel bleibt dasselbe. Die Menschen könnten es wissen, aber das Narrenspiel ist zu verlockend – und der Narr lacht weiter, denn was könnte tragikomischer sein, als ein Volk, das die Komödie seiner eigenen Knechtschaft mit tosendem Applaus feiert? Doch gebet Acht, liebe Leser: Verwechselt diesen Narren nicht mit Tills Eulen Spiegel. Und gute Nacht.

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